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Objektivporträts und Vergleichstests

HLB Planapo 20x

Das HLB Planapo 20x ist ein Mikroskopobjektiv für metallurgische Anwendungen. Ein Test soll zeigen, wie gut es sich für den Focus-Stacking-Einsatz ohne Fachmikroskop eignet.

Das Objektiv

Das HLB Planapo 20x wurde für metallurgische Untersuchungen konzipiert. Es ist Teil einer Objektivserie mit unterschiedlichen Abbildungsmaßstäben, die alle parfokal sind, also die gleiche Gesamtlänge von Gehäuse und Arbeitsabstand aufweisen. Auch Gehäusedurchmesser und Gewinde sind identisch. 

 

Der Vorteil dieser Parfokalität ergibt sich zwar hauptsächlich beim Einsatz an Spezialmikroskopen, weil hier der für alle Objektive passende Kameraauszug mechanisch hergestellt wird, oft mit fest verbauter Tubuslinse. Beim Einsatz auf einem Focus-Stacking-Setup ist dies allerdings ebenfalls nützlich, weil es innerhalb der Objektivserie einen sehr einfachen Wechsel erlaubt, ohne weitere Änderungen am Setup.

 

Die Linsen HLB Planapo 20x wurden für den Einsatz mit Auflicht gerechnet, so dass hier auch eine bessere Farbwiedergabe denkbar ist als bei manchen Mikroskopobjektiven, die primär für Durchlicht konzipiert wurden. 

 

Ein großer Arbeitsabstand ist für viele Anwendungen in der Metallurgie Voraussetzung, nicht zuletzt, weil das Licht hier von der Seite her kommen muss. Das ist ein weiterer, sehr wesentlicher Unterschied zu den meisten Mikroskopobjektiven, die primär für Laborzwecke produziert wurden (Medizin, Biologie u. a.), denn dort wird meist mit Durchlicht gearbeitet, was einen langen Arbeitsabstand entbehrlich machte, mithin sogar störend. 

 

Der lange Arbeitsabstand ist ideal für den Einsatz auf einem Focus-Stacking-Setup, bei dem es zusammen mit der erforderlichen Tubuslinse auf eine Kleinbildkamera gesetzt wird. Durch den gewaltigen Arbeitsabstand ist die Lichtführung zur Beleuchtung des Objekts sehr einfach.

Das HLB Planapo 20x ist Teil einer parfokalen Objektivserie mit identischem Gehäusedurchmesser

Der Objektivhersteller

Hersteller ist die japanische Firma Shibuya Optical, die Objektive für zahlreiche Fachbereiche anbietet, Spezialmikroskope sowie Zubehör und viele weitere optische Instrumente. Nach Europa importiert werden die Objektive von der Firma Rainer Ernst-Feinwerktechnik (www.stonemaster.eu). 

 

Vorbild war vermutlich eine Objektivserie der japanischen Firma Mitutoyo, die ebenfalls parfokal ist und mit ihrem langen Arbeitsabstand sowie der extrem hohen Abbildungsqualität weltweit Standards setzte, allerdings zu sehr hohen Preisen. Die Objektivserie von HLB zählt zu den zahlreichen Konkurrenzprodukten und bietet inzwischen qualitativ vergleichbare Optiken an, zu deutlich geringeren Preisen. Auch aus China sind zahlreiche Mitutoyo-Nachbauten erhältlich, die dem Original vielfach zum Verwechseln ähnlich sehen, für wiederum günstigere Preise als die HLB, doch man sollte von der Ähnlichkeit nicht automatisch eine vergleichbare Abbildungsleistung ableiten. 

Technische Daten

Abbildungsmaßstab 20x

Numerische Apertur 0,42

Unendlichoptik (Tubuslinse nötig)

kompatible Tubuslinsenbrennweite 200 mm

Gewindedurchmesser und Steigung M26 x 0,706

Gewicht 270 g

Gehäuselänge 75 mm

Gehäusedurchmesser 35 mm

Parfokaldistanz (Gehäuselänge plus Arbeitsabstand) 95 mm

Durchmesser der Austrittspupille 10,4 mm

Brennweite 10,0 mm

Arbeitsabstand 20,0 mm

Auflösung 0,65 µm

Schärfentiefe 1.60 µm

Die Abbildungsleistung

Die folgenden Testbilder geben die Abbildungsleistung des Objektivs wieder. Das erste zeigt eine Übersichtsaufnahme (Vollformatsensor) mit der Tubuslinse Raynox DCR 150, so dass annähernd die Nominalvergrößerung von 20x entsteht. Die beiden anschließenden Bilder enthalten jeweils einen vergrößerten Ausschnitt. Darunter folgt eine weitere Übersichtsaufnahme, allerdings mit der Tubuslinse Raynox DCR 250, was den Abbildungsmaßstab deutlich reduziert. Einige metallurgische Mikroskopobjektive, z. B. aus der erwähnten Mitutoyo-Serie, tolerieren diese Vorgehensweise, und der Test sollte zeigen, ob das auch beim HLB M Planapo 20x der Fall ist.

Testbild mit Nominalvergrößerung (DCR 150), mit Rahmenmarken für die nachfolgenden Ausschnittsvergrößerungen – klare Detailwiedergabe mit großer Schärfe, keine Randabdunklungen, aber leichte kissenförmige Verzerrungen im Rand- bzw. Eckenbereich

In der zentralen Ausschnittsvergrößerung zeigt sich gute Detailschärfe. Die leichten Überstrahlungen sind der Aufnahmeweise ohne Diffusor geschuldet

Ausschnittsvergrößerung der Ecke links oben: Hier ist im äußeren Randbereich, insbesondere in den Ecken, abnehmende Detailschärfe zu sehen, denn die 43-mm-Diagonale des Vollformatsensors überschreitet den Bildkreis des Objektivs. Auch leichte chromatische Aberrationen sind hier zu sehen. Kleinere Sensoren dürften diese Abbildungsfehler allerdings kaum abbilden. 

Testbild mit DCR 250: Mit dieser geringeren Tubuslinsenbrennweite wird ein kleinerer Abbildungsmaßstab erzeugt, und bei dieser Kombination kommt es im Rand- und Eckenbereich zu kissenförmiger Verzerrung und deutlich nachlassender Detailgenauigkeit. Auch ein Hauch chromatischer Aberrationen ist wahrnehmbar, denn einige der filigranen Elemente wirken hier farbiger als im Zentrum. Allerdings sind diese CAs noch nicht stark ausgeprägt.

Die zentrale Ausschnittsvergrößerung ist noch frei von CAs und zeigt gute Detailschärfe.

Ausschnittsvergrößerung der Ecke links oben – hier werden zur Bildecke hin die Verzerrung und die Unschärfe deutlich stärker. Auch die Farbkorrektion scheint hier überfordert; man sieht an den schmalen Horizontalstrukturen gewisse Farbverschiebungen. Auch scheint in der Ecke die gesamte Farbe gelblich. 

Vergleich HLB Planapo 20x – Mitutoyo M Planapo 10x

Der direkte Vergleich mit dem Mitutoyo M Planapo 10x zeigt, dass das HLB Planapo 20x deutlich mehr Details liefert. Das ist bei dem höheren NA-Wert (0,42 statt 0,28) natürlich zu erwarten, und dieser Vergleich wird dem Mitutoyo nicht wirklich gerecht, weil dessen Bildergebnis weit stärker hochskaliert wurde als das des HLB. Dieser Vergleich soll nur grundsätzlich zeigen, wie viel mehr Details bei einem höheren NA-Wert zu erwarten sind. Allerdings muss man grundsätzlich wissen, dass die Arbeit mit einem 20x-Objektiv ungleich schwieriger ist als bei einer 10x-Optik. 

Links HLB Planapo 20x, rechts Mitutoyo M Planapo 10x – so viel mehr Details bringt ein höherer NA-Wert. Auf den ersten Blick scheint der Unterschied minimal, doch bei genauer Betrachtung erkennt man beim 20x scharf konturierte Punkte, wo beim 10x verwaschen wirkende Konturen zu sehen sind.

Mikroprozessor

Sehr filigrane Strukturen besitzt ein winziger Mikroprozessor, der für die Elektronik von Handys vorgesehen war. Seine Kantenlänge liegt bei nur 3 x 3 mm, und seine Aufnahme zeigt nicht nur die Schärfeleistung bzw. Detailerfassung eines Objektivs, sondern auch die Farbwiedergabe. 

Hervorragende Schärfe, auch bei kleinsten Details, Farbkontrast etwas flach, geringe, aber visuell kaum wahrnehmbare Verzerrungen in den Eckenbereichen, da das Übersichtsbild rundum nicht beschnitten wurde und somit auch die Randzonen des Vollformatsensors genutzt wurden

Auflösungstest

Der Auflösungstest 300 von Zeiss ermöglicht, die Auflösung eines Mikroskopobjektivs in Form eines Zahlenwerts abzulesen. Zwar ist diese Ablesung in gewissem Rahmen Interpretationssache und nicht völlig exakt (Details siehe hier), doch sie vermittelt durchaus einen groben Eindruck der Feinzeichnung und Detailwiedergabe.

HLB 20x Montage.jpg

Der Auflösungswert, hier in den beiden äußeren Feldern zu sehen, wurde im Linsenzentrum mit 1250 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) abgelesen

Fazit

Das HLB Planapo 20x zeigt sich als scharf abbildendes Objektiv, das seine Mitutoyo-Konkurrenz nicht fürchten muss. Seine Schwächen wie leichte Verzerrungen und Unschärfen im äußersten Rand- und Eckenbereich, die bei kleinerer Tubuslinsen-Brennweite noch zunehmen (125 mm statt 208 mm), sind systembedingt und bei der Mitutoyo-Konkurrenz ebenfalls vorhanden. Zwar fehlt ein direkter Vergleich beider Objektive noch, doch es ist denkbar, dass er in der Zukunft hier noch nachgeliefert werden wird. 

 

Die Bildfehler im Rand- und Eckenbereich gehen darauf zurück, dass der Bildkreis mit einem Vollformatsensor (Diagonale 43 mm) im Randbereich leicht überfordert ist, was sich eben besonders bei einer der stark verringerten Tubuslinsenbrennweite zeigt. Beim Einsatz einer 200-mm-Tubuslinse sind diese Bildfehler beim Mitutoyo HLB Planapo 20x auf einen so schmalen Randsaum beschränkt, dass sie bei fast allen Bildmotiven belanglos sein werden.

 

Bei APS- und MFT-Sensoren wird auch mit einer Raynox DCR 250 kaum etwas davon im Bild erscheinen, und im Vollformat ist auch die Arbeit mit der Nominalvergrößerung völlig unproblematisch. Das Objektiv erlaubt aber auch im Vollformat die Verwendung einer Tubuslinse mit 125 mm Brennweite, wenn man bereit ist, im äußeren Eckenbereich gewisse Schärfekompromisse einzugehen. Unter diesem Vorbehalt ist dieses Objektiv also auch für Vollformatsensoren zu empfehlen.

Die Gewindegröße von 26 mm ist unter Mikroskopobjektiven ungewöhnlich, denn üblicherweise findet man hier RMS, M25 oder M30. M26-Adapter mit der passenden Gewindesteigung sind erhältlich bei Rainer Ernst-Feinwerktechnik oder RAF-Camera.

Vorteile

Extrem großer Arbeitsabstand, hohe Bildschärfe und Detailgenauigkeit, hervorragende Farbkorrektion, Parfokalität innerhalb der Objektivserie, also leichter Objektivwechsel, im Vergleich zu hochpreisigen Objektiven geringerer Kaufpreis

Nachteile

Randunschärfen und kissenförmige Verzerrung bei kleinerer Tubuslinsenbrennweite (DCR 250)

Daniel Knop, www.knop.de, www.danielknop.eu

Testbild mit DCR 250: Im Zentrum ist die Bildschärfe bei dieser Kombination nur moderat und deutlich geringer als bei der Nominalvergrößerung, und außerhalb des Bildzentrums lässt sie gewaltig nach. Hier zeigt sich auch eine leichte kissenförmige Verzerrung. Die Abdunklung des Rand- und Eckenbereichs ist deutlicher als bei Verwendung der DCR 150.

Das Bildzentrum hat noch gewisse Schärfe, aber feinste Details werden in Kombination mit der DCR 250 nicht mehr wiedergegeben.

Die Randzone weist starke kissenförmige Verzerrung und intolerable Unschärfe auf, die zur Ecke hin extrem wird (hier links oben). Im Vollformat ist diese Kombination aus Objektiv und Tubuslinse schlicht unbrauchbar.

Der direkte Vergleich mit dem Canon-Lupenobjektiv MP-E 65 mm bei Stellung 3,5x zeigt, dass das HLB Planapo 3,5x diesem sehr scharf abbildenden Makrospezialisten deutlich unterlegen ist. Das Canon bringt mehr Schärfe (Bild oben rechts), und der Schärfeabfall zum Bildrand und vor allem zu den Ecken hin ist beim Canon deutlich schwächer als beim HLB. Allerdings muss hier auch berücksichtigt werden, dass das HLB Planapo 3,5x neu weniger als die Hälfte dessen kostet, was für ein Canon MP-E 65 mm zu veranschlagen ist. 

Vergleich HLB M Plan 3,5x – Canon MP-E 65 mm

HLB Planapo 3,5x (links) im Vergleich mit dem Canon MP-E 65 mm bei Stellung 3,5 (rechts), oben jeweils das rechte obere Viertel des Originalbilds, aufgenommen mit Vollformatsensor (Focus Stack), unten jeweils ein Sechzehntel des Originalbilds, entsprechend hochskaliert.

Fazit

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